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23.11.20 –
Seit geraumer Zeit beobachten wir GRÜNE mit wachsender Sorge, wie die Stadt Kühlungsborn äußerst sorglos und fahrlässig mit unseren wichtigsten Ressourcen umgeht – mit der Natur und der Umwelt. Besonders besorgniserregend ist der Zustand der Bäume im Stadtgebiet und der absolut unzureichende bzw. nicht vorhandene Baumschutz.
Mit der Erwartung einer Stellungnahme und Antworten auf unsere Fragen hatten wir den Bürgermeister der Stadt Kühlungsborn Ende Oktober 2020 angeschrieben. Nun – einen ganzen Monat später – müssen wir bedauernd zur Kenntnis nehmen, dass außer der Pflege des Stadtgrüns auch die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema eine äußerst geringe Priorität im Rathaus aufweist. Manchmal ist “keine Antwort auch eine Antwort”, nämlich eine die uns zeigt, dass wir die wunden Punkte exakt benannt haben, als wir formulierten:
Vielen Bäumen geht es sichtbar schlecht:
Die unversiegelten Flächen rund um die Bäume der Strandstraße sind zu eng. Die Schotterflächen unter den Bäumen derart verfestigt, dass während der wenigen Regenschauer nicht viel Wasser von oben nachkommen kann. Es kommt vor, dass bei Neuanpflanzungen Baum-Arten ausgewählt werden, die nicht zur örtlichen Bodenbeschaffenheit und zu den hiesigen Klimabedingungen passen; Ginko-Bäume an der Brunshöver Möhl z.B. hungern vor sich hin und mussten schon teilweise ersetzt werden. Im Stadtgebiet sind mehr als 100 Lücken bei Straßenbäumen vom Bauamt gezählt worden.
Zu wenig Beachtung finden auch die Düngung und eine regelmäßige Wässerung während der klimatisch bedingt zunehmenden Trockenperioden: In der nördlichen Hermannstraße kann man den Bäumen beim Sterben zusehen. Alle Kronen haben Trocken- und Hungerschäden. Ebenso ist es im Wohngebiet am Rieden (B-Plan 12). Die Hälfte der neuen Jungbäume am Weg zwischen Poststraße und Baltic-Park (Titelbild) sind völlig vernachlässigt, teilweise vertrocknet. Es scheint keine Bewässerungspläne zu geben, die sicherstellen, dass der Bedarf von bis zu 100 Liter Wasser pro Woche und Baum gedeckt wird. Erfreulicherweise wurden für die jüngsten Baum-Pflanzungen an der Reriker Straße Bewässerungssäcke beschafft, das Programm für die übrigen städtischen Bäume ist jedoch noch stark ausbaufähig.
Es ist zu befürchten, dass ohne massives Gegensteuern künftig noch mehr Stadtbäume vernachlässigt oder abgeholzt werden. Völlig unzulässig aber ebenfalls anzutreffen ist, dass in Bebauungsplänen festgesetzte Bäume gefällt werden, sobald sie dem zu erstellenden Bauwerk im Wege stehen. Die Hälfte der im B-Plan festgesetzten Haselnussbäume am August-Bebel- Platz wurde gefällt – an Vorschlägen für Ausgleichsstandorte mangelt es nicht: Warum werden diese Bäume nicht ersetzt? Dort wo Großbäume legal gefällt wurden, werden Auflagen zur Vornahme von Ersatzpflanzung oder Ausgleichs-Maßnahmen größtenteils ignoriert. Es mangelt an Abstimmung zwischen dem Landkreis und der Stadtverwaltung; wegen des erhöhten Verwaltungsaufwandes der Kommune bleibt solch ziviler Ungehorsam zumeist unsanktioniert.
Als eine der wenigen erfreulichen Maßnahmen erkannten wir, dass zahlreiche von einem stadtbekannten Lebensmittelhändler gespendeten Baum-Setzlinge links und rechts vom Retentionsbecken am Hermann-Schreiber-Ring (B-Plan 25, am Grünen Weg) angepflanzt wurden. Mit großem Entsetzen mussten wir vor wenigen Wochen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass alle Setzlinge von Mitarbeitern eines örtlichen Landschaftspflegedienstes rücksichtslos abgemäht wurden. Hier sehen wir noch reichlich Potential für qualifizierte Kommunikation im Vorfeld von Auftragsvergaben.
Klare und rechtlich einwandfreie Vorgaben zum Schutz aller städtischer und privaten Bäume hätte eine Gehölzschutz-Satzung schaffen können. Die aber wurde, nachdem sie es durch die Ausschüsse geschafft hatte, im Jahr 2017 durch eine überwiegend von kommerziellen Interessen geleiteten Mehrheit der Stadtvertreter*innen abgelehnt. Selbst der Versuch, mittels einer sanfteren Gebots-Satzung nach dem Modell der Stadt Gießen (Hessen) eine allgemeingültige Regelung zu finden, blieb ohne Erfolg. Auch wenn der Schutz größerer Bäume durch Gesetze geregelt ist, bleibt es Aufgabe der Stadtverwaltung, nicht nur neue, sondern insbesondere alle bestehenden Bebauungspläne mit einheitlichen Regelungen zum Baumschutz und zu Ersatzpflanzungen zu versehen. Eine Gehölzschutz-Satzung ist für die Stadt Kühlungsborn eine absolute Notwendigkeit; zumal viele städtische B-Pläne keinerlei Vorgaben im Bereich Anpflanzungen und Vegetation enthalten.
Neben dem Schutz von Gehölz und Bäumen bedarf es dringend einer Verbesserung der Situation für Blühflächen in der Stadt. Ein Beschluss zu dem Thema wurde unter 19/SPD-Grün/076 in der SVV vom 16. Mai 2019 gefasst. Unsere Fraktion benannte damals 22 in Betracht kommende Flächen zur Prüfung. Außer an den wenigen bekannten Blumeninseln der Stadt (Rathausvorplatz, Baltic-Platz, Strandstraße/Seebrücke) war im Frühjahr/Sommer 2020 an keiner dieser Stellen eine mit zahlreichen Nektarien ausgestattete Blütenpracht zu erkennen. Die mit vielen Millionen hergerichteten Parks hätten mit Blumen eine großartige Aufwertung erfahren könne – Chance vertan!
Mehrfach haben GRÜNE-Mitglieder in den Ausschüssen vorgeschlagen, dass es in der Verwaltung jemanden geben sollte, der sich hauptsächlich um Stadt-Grün und die Einhaltung rechtlicher Naturschutz-Vorgaben kümmert. So begrüßenswert es ist, dass im letzten Monat endlich eine entsprechende Stelle ausgeschrieben wurde. Desto notwendiger ist es, darauf zu achten, dass mit der Besetzung dieser Position auch die Aufgaben-Inhalte klar und eindeutig definiert werden. Wo immer möglich werden die GRÜNEN Kühlungsborn die neue Mitarbeiter*in tatkräftig unterstützen.
Dort wo künftig Öffentliches Recht, Naturschutz und Biologie aufeinander treffen, sollte es selbstverständlich sein/werden, dass neben dem Baurecht auch die Einhaltung von naturschützenden Vorschriften tatsächlich kompetent verwaltet und kontrolliert wird. Wem es gelingt, innerhalb kürzester Zeit Ordnungstrupps zur Überwachung der Einhaltung von Covid19-Maßnahmen zu rekrutieren, dem sollte es möglich sein, auch einen Naturschutz-Außendienst zu etablieren.
Wir erwarten vom Bürgermeister, dass er und die Verwaltung der Stadt sich für eine verantwortungsvolle Berücksichtigung dieser Umweltbelange einsetzen und ausreichend Budget für den gerade vorbereiteten Haushalt 2021 einstellen werden. Wir fordern dazu eine transparentere Arbeitsweise in Verwaltung und Politik, um Fehlentwicklungen früher erkennen und verhindern zu können.
Wir halten fest, dass es auf unsere konkreten Fragen
scheinbar keine Antworten geben soll. Natürlich haben wir alle angesichts der Corona-Pandemie zusätzliche Sorgen und Probleme, aber das darf nicht als Ausrede herhalten, um Baum- und Umweltschutz zu vernachlässigen, denn:
Der Atem der Bäume schenkt uns das Leben! (Roswitha Bloch)
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